Schall und Rauch - Theater für Pegnitz

Theaterkritik aus den Nordbayerischen Nachrichten vom 3. November 2009:

Fahndung nach dem Stimmendieb
«Schall und Rauch» macht Regina-Theater zum Ort eines mysteriösen Verbrechens
PEGNITZ - Dass ein Theaterstück die Langeweile an grauen Herbsttagen vertreiben kann, bewies das Ensemble «Schall und Rauch» am Sonntag im leider nur mäßig besuchten Regina-Filmtheater. Es wurde die unterhaltsame und kuriose Komödie «Hat Herr Akustikus den Tinnitus?» des britischen Autors Alan Ayckbourn (geb.1939) aufgeführt.
In seinem Stück verwendet Ayckbourn Elemente des Boulevardtheaters und kombiniert sie mit einem scharfsinnigen Blick in bürgerliche Abgründe. Themen wie Tierliebe, Befriedigung der humanen Grundbedürfnisse und zwischenmenschliche Beziehungen sprachen junge wie erwachsene Zuschauer gleichermaßen an. Dabei experimentiert Ayckbourn mit den Gesetzmäßigkeiten von Zeit und Raum. Die mitreißenden Schauspieler vermittelten sämtliche Sinneseindrücke: Das Publikum konnte die Aufmachung der Akteure und der Bühne betrachten, akustische Signale hören und den Fortgang der Handlung gleichsam mitfühlen.
Die beiden, ironische Wortakzente setzenden Erzähler (Stefan Leykauf und Andreas Bößenecker) stellten zunächst das scheue Mädchen Susi vor, das während der Geschichte an Mut gewann. Kristina Schomann fügte sich trotz ihres jungen Alters souverän in die jeweilige dramatische Situation ein. Man nahm ihr die mit Leidenschaft dargebrachten Emotionen durchaus ab. Die bei ihrer Mutter als Einzelkind lebende Susi war oft schwermütig, da ihr Vater (Stefan Leykauf) seit einer Fahrt in einem Heißluftballon als vermisst galt. Mit einem stattlichen Fliegerdress bekleidet, erschien er ihr als guter Geist, der in schwierigen Situationen auf sie einwirkte.
Um Susi aufzuheitern, schenkte ihr die Mutter einen Hund namens Otto, der zu Susis engstem Vertrauten wurde. Die anfangs noch eher verhalten agierende Dagmar Schorner ging - sehr zur Freude der Zuschauer - immer mehr aus sich heraus.
Ein unheimlicher Fremder
Trotz des Handicaps eines Sprachfehlers gewann die Mutter aufgrund ihrer beruflichen Beförderung an Selbstvertrauen und wies die übermütige Susi autoritär in die Schranken.
Ihre naive Seite zeigte sich allerdings, als der mysteriöse Herr Akustikus (Thomas Ebenhöh) ins Spiel kam.
Gruselige Atmosphäre, durch Geräusche eines Wellblechs untermalte Gewitterstimmung begleitete seinen ersten Auftritt. Dabei waren die Reaktionen auf den vornehmen Herrn völlig unterschiedlich: Der Mutter imponierte er. Susi und Otto hingegen empfanden ihn schon aufgrund seiner Körpersprache als bedrohlich, ja angsteinflößend. Akustikus konnte nämlich keinen Lärm spielender Kinder ertragen, da er über ein besonders feines Gehör verfügte. Deshalb stahl er auch das Bellen von Otto, das Singen der Vögel und die Stimme des einstigen Opernsängers Pichler.
Andreas Bößenecker, der eben noch als Erzähler fungierte, interpretierte Pichler tragisch und komisch zugleich. Der Maestro, welcher nach dem Stimmverlust einen gesellschaftlichen Abstieg durchlebte, konnte zwar nur noch wehleidig krächzen, hatte jedoch - mit Sonnenbrille und Pelzmantel bekleidet - seine Starallüren nicht verlernt. Die Freundschaft zu Susi, die er mit Schokoladenkeksen pflegte, schaffte Sympathiepunkte.
Das Geschehen wurde durch den Hund Otto als Stoffpuppe tierisch kommentiert. Stefan Leykauf und Andreas Bößenecker liehen dabei ihre Stimmen. «Wenn er etwas sah oder hörte, was ihm verdächtig vorkam, dann bellte er es an.» Dazu bot sich auf der Erkundungsreise durch die alte, von Akustikus bewohnte Villa, in der Susi und Otto nach den Stimmen suchten, genug Gelegenheit.
Originell wurde der ganze Raum des Regina-Filmtheaters als Spielfläche genutzt. Roland Schorner ließ seine Akteure nicht statisch agieren, sondern im Sinne Ayckbourns «hüpfen, stolpern und tanzen». Natürlich verliefen die Bemühungen von Susi und Otto erfolgreich, das Gute siegte am Ende über das Böse: Sehenswerter Theatergenuss ließ den Novemberblues vergessen.